Waffenruhe in Libanon : Ein Schritt, aber keine Lösung
Eine Lösung ist die Waffenruhe im Libanon noch lange nicht. Die Hizbullah mag empfindlich geschwächt sein, doch sie hat immer noch weit mehr Macht als der kaputte libanesische Staat, der ihr kaum etwas entgegensetzen kann.
Auch die Einwohner in Israels Norden, die vor den ständigen Angriffen der Miliz aus ihren Häusern flüchten mussten, können noch lange nicht sorglos schlafen. Sie hatten zumindest eine Pufferzone gefordert, um sich etwas sicherer vor der Hizbullah zu fühlen.
Israel wird auf jeden Verstoß reagieren
Dennoch war es richtig, das Abkommen mit der Hizbullah zu schließen. Denn Israel war an einem Punkt angelangt, an dem es militärisch nicht mehr viel erreichen konnte, ohne dass der Preis immens gestiegen wäre. Und die Drohung, dass Israel auf jeden Verstoß gegen die Vereinbarung militärisch reagieren wird, könnte die Hizbullah zumindest vorerst in die Schranken weisen.
Einer Lösung für den gesamten Nahen Osten kommt man jedoch schon deshalb kaum näher, weil die Waffenruhe den bitteren Krieg im Gazastreifen nicht beendet. Im Gegenteil scheint es, als habe sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu der Front im Norden entledigen wollen, um etwas internationalen Druck von der anderen Front zu nehmen.
Die Hamas folgt einem anderen Kalkül
Zur Wahrheit gehört, dass der Krieg in Gaza komplizierter ist: Die Hizbullah war zu einem Übereinkommen bereit, weil es ihr um das eigene Überleben ging – Teheran möchte den Machthebel, den ihr die libanesische Schiitenmiliz verschafft, um jeden Preis retten. Die Hamas-Führer in Gaza scheinen es darauf anzulegen, Israel in einen Vernichtungskrieg zu ziehen, in dessen Verlauf sich das Land international immer weiter isoliert, bis irgendwann auch die israelische Gesellschaft zerreißt.
Gerade dieses Kalkül sollte für Israels Regierung Grund genug sein, mit aller Kraft an einer politischen Zukunft für Gaza zu arbeiten – zumal auch hier mit militärischen Mitteln kaum noch etwas erreicht werden kann (und das Leid der Zivilbevölkerung längst unerträglich ist). Doch daran zeigt Netanjahu nicht das geringste Interesse.