So isst Politik : Deutsche Unsicherheit und burundische Aufmerksamkeit
Es gibt auch noch gute Nachrichten. So etwa die, dass die Partnerschaft zwischen Baden-Württemberg und Burundi nun schon vierzig Jahre besteht. Der freudige Anlass ist dem deutschen Bundesland einen Festakt in seiner Berliner Botschaft wert. Mittwochnachmittag, draußen Regen, drinnen burundischer Kaffee und schwäbische Brezeln.
Erst mal googeln: Burundi liegt in Ostafrika, war bis 1918 Teil der Kolonie Deutsch-Ostafrika. Bis heute ist die Lage bitter: Burundi ist das ärmste Land der Welt, das Bruttoinlandsprodukt beträgt 200 Dollar pro Jahr und Kopf. Für Schwaben: Das sind sechs Zwiebelrostbraten und eine rote Grütze beim „Ochs’n Willi“.
„Ich werde das deutsche Essen probieren, es ist sehr gut“
Illustre Gäste sind da, zum Beispiel Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze von der SPD. In ihrer Keynote preist sie die Qualität der Gespräche mit den Burundiern über den Schutz des Regenwaldes. Sie sehe „beeindruckendes Commitment auf beiden Seiten“, lobt die Ministerin, bevor sie – Termine – aus dem Saal eilt.
Dann weitere Reden. Typische Sätze: „Ich hoffe, ich habe das richtig ausgesprochen“, „Doktor Schütte hat Burundi letztes Jahr auf eigene Faust bereist“, „Viele Botschafter aus dem afrikanischen Bereich sind der Einladung gefolgt“, „Der Patenschaftskaffee ist ein sichtbares Zeichen der Zusammenarbeit“. Deutsche Unsicherheit – bloß nichts sagen, was herablassend klingt. Burundische Aufmerksamkeit – die große Delegation lauscht per Kopfhörer konzentriert der Simultanübersetzung. Dann kommen die Trommler.
Die Saaltür tut sich auf, alle drehen sich um wie in der Kirche, wenn die Braut hereintritt. Burundier in rot-weiß-grünen Gewändern, mit nackten Beinen und Armen, daran breite Glasperlenbänder, balancieren auf ihren Köpfen riesige Trommeln, schlagen diese, singen dazu, dass die holzvertäfelten Wände der Baden-Württemberger beben. Ohrenbetäubend donnert Holz auf gespannte Kuhhaut, ein Klang, der noch den dichtesten Regenwald kilometerweit durchdringen will. Die Gäste im Saal, Deutsche wie Burundier, lachen, filmen, schreien einander ins Ohr: Wahnsinn, wow! Es ist ein ungleicher Dialog, die Berliner Festreden, die burundischen Donnerschläge. Aber irgendwie versteht man einander, wohl, weil man es will.
Anschließend burundisch-schwäbisches Buffet. Maultaschen mit Kartoffelsalat, Lammkeule mit Süßkartoffeln und gebackenen Kochbananen. Der burundische Minister für Umwelt, Landwirtschaft und Tierhaltung steht mit seinem Teller an, er heißt Prosper Dodiko, es ist sein erster Besuch in Deutschland. Er lobt den Tee und den Kaffee, den sein Land exportiert. Außerdem die burundischen Avocados – fünf Sorten gebe es. Auf die Frage der F.A.S., ob er sich heute an die Maultaschen heranwagen werde, antwortet er in vollendeter Freundlichkeit: „Ich werde das deutsche Essen probieren, es ist sehr gut.“