Klage in München : BASF fordert Entschädigung in Milliardenhöhe
Der Chemiekonzern BASF macht Ernst mit seinen Schadenersatzforderungen gegen mehrere Unternehmen, die über Jahre hinweg illegal Absprachen im Ethylen-Einkaufsmarkt getroffen haben. Mit einer geschätzten Produktionsmenge von 150 Millionen Tonnen ist Ethylen eine der wichtigsten Grundchemikalien der Welt und wird vielfach weiterverarbeitet – etwa zu Polyethylen oder Styrol. Zu den größten Märkten zählen Verpackungen und Kunststoffe.
1,4 Milliarden Euro verlangt BASF in einer jüngst am Landgericht München I eingereichten Klage von vier Beklagten zurück. Damit dürfte es sich um eine der derzeit größten Schadenersatzklagen nach Wettbewerbsverstößen in Deutschland handeln.
Preise künstlich niedrig gehalten
Auf Anfrage bestätigte BASF die Klage „gegen die Mitglieder des Ethylen-Einkaufskartells“, ohne jedoch Namen und geforderte Summe zu nennen. Die illegalen Verhaltensweisen der betroffenen Unternehmen hätten die Bepreisung von Ethylen und bestimmten Ethylenderivaten zum Nachteil von BASF verfälscht. Man verlange deshalb „den Ersatz des verursachten Schadens“, teilte der Konzern mit.
Die EU-Kommission hatte nach einer Untersuchung zu Absprachen zwischen Ethylen-Einkäufern 2020 Geldbußen in Höhe 260 Millionen Euro verhängt. Dabei erhielt die Clariant AG eine Strafe von 156 Millionen Euro. Celanese musste 82 Millionen Euro zahlen, und auf Orbia entfiel der Rest. Der ebenfalls involvierte Westlake -Konzern kam als Kronzeuge straffrei davon. Die Wettbewerbshüter gaben bekannt, dass die Kartellanten in der Zeit von 2011 bis 2017 Absprachen zur Manipulation der monatlichen Vertragspreise für Ethylen getroffen hätten. Damit endete das behördliche Verfahren. Geschädigte Unternehmen wie BASF müssten danach vor staatlichen Gerichten auf Entschädigung klagen – auch Kronzeugen sind von den als „Follow-on“-Klagen bekannten Verfahren nicht ausgenommen.
Clariant hatte die Zustellung der Klage zum Wochenbeginn bestätigt und zugleich angekündigt, sich gegen die Forderung zur Wehr zu setzen. Man weise die Behauptung entschieden zurück und werde seinen Standpunkt in dem Verfahren mit Nachdruck verteidigen, erklärte der Schweizer Spezialchemiehersteller. „Clariant hat fundierte wirtschaftliche Beweise dafür vorgelegt, dass das Verhalten der Parteien keine Auswirkungen auf den Markt hatte.“
Wichtiges Geschäftsfeld
Für BASF ist Ethylen das mengenmäßig größte Geschäft. Der Konzern produziert in Europa, Amerika und Asien knapp 3,5 Millionen Tonnen im Jahr und steht damit international auf Rang zehn oder elf. Einen großen Teil des Ethylens verarbeitet der Konzern aus Ludwigshafen selbst weiter. Da Ethylen aus Rohbenzin oder Gas hergestellt wird, schwanken die Preise beim Weiterverkauf stark mit dem der Ausgangsstoffe. Entsprechend volatil ist die Rentabilität.
Exakte Zahlen nennt BASF nicht, aber der Umsatz mit Petrochemikalien – zu dem Ethylen einen wesentlichen Beitrag liefert – betrug im Rezessionsjahr 2023 rund 7,4 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor waren es noch 10 Milliarden Euro.