Digitale Zentralbankwährungen :
Blockchain als Standard für digitale Zentralbankwährungen

Gastbeitrag
Von Patrick Glauner
Lesezeit: 4 Min.
Digitale Zahlungssysteme können zur Förderung des E-Commerce und internationaler Handelstransaktionen beitragen.
Die fragmentierte Landschaft von Zahlungssystemen bereitet der Finanzwelt große Sorgen. Diese erschwert effiziente Transaktionen und erhöht die Kosten.
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Die Zentralbanken der USA, des Euroraums und von China entwickeln unterschiedliche Standards für digitale Zentralbankwährungen (CBDCs – Central Bank Digital Currency), was die Interoperabilität weiter beeinträchtigen könnte. Der Ausschluss russischer Banken aus dem SWIFT-System hat zudem die Sorge bei verschiedenen Entwicklungs- und Schwellenländern geweckt, zukünftig unter Umständen ebenfalls ausgeschlossen zu werden. Sie arbeiten daher zunehmend an Alternativen, wodurch eine weitere Fragmentierung von Zahlungssystemen droht.

Das wurde auf dem Annual Meeting des International Finance Forum (IFF) in Hongkong deutlich. Die Veranstaltung rückte zentrale Zukunftsthemen wie digitales Finanzwesen, KI, Green Finance und die globale Expansion chinesischer Unternehmen in den Vordergrund.

Das IFF ist eine unabhängige und gemeinnützige Organisation mit Sitz in Guangzhou, die als Plattform für Dialog, Innovation und Kooperation in der globalen Finanzwelt dient. Unter dem Leitmotiv, Lösungen für die Herausforderungen der wirtschaftlichen Globalisierung zu finden, kamen hochrangige internationale Vertreter zusammen, um die Rolle von digitalem Finanzwesen und KI in einer sich wandelnden Weltwirtschaft zu diskutieren und neue Impulse für nachhaltige Entwicklung zu setzen. Im Annual Meeting wurden die sich durch die Digitalisierung des Finanzsektors ergebenden Herausforderungen diskutiert – insbesondere im Bereich der Zahlungssysteme.

Eine zusätzliche Herausforderung ist der mögliche Missbrauch privater Kryptowährungen, die für illegale Transaktionen genutzt werden könnten, sowie ihre hohe Marktvolatilität und rechtliche Unsicherheiten. Die zunehmende Verbreitung von ABCD-Technologien – AI, Blockchain, Cloud und Data – stellt Regulierungsbehörden und Zentralbanken vor neue Herausforderungen, für deren Betrachtung sie jedoch noch deutlich mehr Expertise und Personal aufbauen müssen.

Insbesondere Zentralbanken sehen sich mit Risiken konfrontiert, die von Datenmissbrauch bis hin zu potenziellen Systemrisiken durch unregulierte digitale Innovationen reichen. Eine Verlagerung des IT-Betriebs in die Cloud ist in diesem Umfeld noch unterentwickelt, was insbesondere dem komplexen regulatorischen Umfeld geschuldet ist.

Blockchain könnte Zahlungssysteme vereinheitlichen

Aus Sicht der Zentralbankvertreter und Finanzexperten bieten Blockchain-Technologien das Potential, fragmentierte Zahlungssysteme zu vereinheitlichen. Mit ihrer Fähigkeit, dezentralisierte und manipulationssichere Netzwerke zu schaffen, könnten Blockchains grenzüberschreitende Zahlungen optimieren. Als Lösungsansatz kollaborieren mehrere Zentralbanken, um CBDCs interoperabel zu machen. Die Kombination von AI, Blockchain, Cloud und Data bietet aus Sicht der Vertreter die Chance, digitale Finanzdienstleistungen grundlegend zu transformieren. Blockchains könnten in Verbindung mit Smart Contracts die Transparenz erhöhen, während KI gestützt durch Big-Data-Prognosen die Sicht auf Markttrends und Risiken verbessern kann.

Cloud-Technologien bieten dabei die nötige Infrastruktur für skalierbare Lösungen, sind jedoch aus bankenregulatorischer Sicht herausfordernd. Zentralbanken streben daher international zunehmend an, digitale Innovationen zu regulieren, um Risiken wie Datenschutzverletzungen und Marktinstabilität zu minimieren. Hierbei möchten die Vertreter auf einheitliche Standards und Rahmenbedingungen setzen, um einerseits Innovation zu fördern und andererseits Risiken einzudämmen.

Besonders betont wird die Notwendigkeit globaler Kooperation und standardisierter Regularien. Zentralbanken sehen in der Digitalisierung Chancen, die Effizienz und Zugänglichkeit ihrer Dienstleistungen zu steigern. Durch CBDCs könnten direkte, kostengünstige Transaktionen ermöglicht werden, was Finanzsysteme stabiler und inklusiver machen würde. Gleichzeitig könnten digitale Zahlungssysteme zur Förderung des E-Commerce und internationaler Handelstransaktionen beitragen.

Das IFF möchte aufgrund der globalen KI-Entwicklungen in den vergangenen Jahren zukünftig das Thema KI in seiner Arbeit vermehrt bespielen. Es stellte daher auch den IFF Global Artificial Intelligence Competitiveness Index Report 2024 vor. Als erster Teil berücksichtigt er die Wettbewerbsfähigkeit von über 55.000 KI-Unternehmen weltweit. Die USA dominieren mit über 20.000 Unternehmen und rund 36 Prozent der globalen KI-Unternehmen, während aber auch Regionen wie Singapur, Hongkong und Israel wiederum eine hohe Unternehmensdichte aufweisen.

Niemand wartet auf Europa

Während Deutschland bei der Gesamtzahl an KI-Unternehmen und der gesamten Finanzierung von Start-ups jeweils unter den weltweit zehn führenden Ländern positioniert ist, besteht Verbesserungsbedarf bei der Dichte der KI-Unternehmen und der Finanzierung von Start-ups pro Million Einwohner. Der Bericht fordert eine vermehrte internationale Zusammenarbeit, um Synergieeffekte zu schaffen, KI-Innovationen gerechter zu verteilen und allen zugänglich zu machen. Weitere vier Berichte zu den Bereichen Forschung und Innovation, Humankapital, dem politischen und regulatorisches Umfeld sowie Marktakzeptanz und Infrastruktur sollen folgen.

Die Gespräche zeigen aber auch deutlich, dass europäische Akteure in den Diskussionen und Entwicklungen zur Digitalisierung des Finanzsystems vergleichsweise unterrepräsentiert sind. Während in anderen Regionen, insbesondere in Asien, erhebliche Fortschritte im Bereich der digitalen Zahlungssysteme erzielt wurden, scheint Europa zögerlich und zurückhaltend zu agieren.

Es war zudem deutlich, dass niemand auf Europa wartet und die Entwicklungen andernorts daher die Standards und Rahmenbedingungen der digitalen Finanzzukunft diktieren könnten. Das niedrige Interesse europäischer Akteure zeigte sich auch auf der Teilnehmerliste der Veranstaltung.

Prof. Dr. Patrick Glauner
Patrick Glauner ist Professor für KI an der TH Deggendorf und hat als Sachverständiger die Parlamente von Deutschland, Frankreich und Luxemburg zu den sich aus KI ergebenden politischen und rechtlichen Fragestellungen beraten. Er studierte am Imperial College London und war unter anderem bei der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) und der Krones AG tätig.
Bild: privat
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