Höhere Steuern für Kunst? : Im Namen der Kulturhoheit
Die Europäische Kommission verlangt, dass Deutschland die Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes für Kunstgegenstände - nämlich von neunzehn auf sieben Prozent - abschafft. Sollte Deutschland dieser Aufforderung, die sich auf die Mehrwertsteuer-Vorschriften der Europäischen Kommission stützen will, nicht innerhalb von zwei Monaten nachkommen, kann die Behörde in Brüssel den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen.
Gegen die Forderung hat sich schnell Widerstand auf breiter Front in Deutschland formiert. So wies Kulturstaatsminister Bernd Neumann das Ansinnen der EU-Kommission deutlich zurück. Er warnt vor einer massiven Belastung für den Kunsthandel und für die gesamte, von der Finanzkrise ohnehin angeschlagene Kultur. Auch Monika Grütters (CDU), die Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses, lehnt den Brüsseler Vorstoß ab; die reduzierte Mehrwertsteuer sei ein zentrales Instrument in Deutschland, um Künstler zu fördern.
Folge wäre eine deutliche Verteuerung
Der Deutsche Künstlerbund fordert die Bundesregierung direkt auf, den „Eingriff in die Kulturhoheit“ scharf zurückzuweisen, und der Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler (BVDG) warnt vor der Gefahr der Verlagerung von Umsätzen mit Kunst in Länder mit besseren steuerlichen Bedingungen. Klaus Gerrit Friese, der Vorsitzende des BVDG, weist völlig zu Recht darauf hin, dass die Mehrwertsteuer eine Verbrauchsteuer ist: „Kunst aber wird nicht verbraucht. Sie ist auf Nachhaltigkeit, auf Dauer angelegt.“ Tatsächlich geht es um einen Aspekt der kulturellen Grundversorgung. Zudem stellt sich, in der Zuspitzung, doch die Frage, ob die Europäische Union sich derartig in die Angelegenheiten eines Landes einmischen darf, selbst wenn das dem Buchstaben nach begründet sein sollte, oder ob Deutschland eben seine Kulturhoheit behaupten kann.
Zur Kultur gehört auch der Handel mit Kunstwerken - von der kleinen Galerie bis zum international agierenden Auktionshaus. Die drastische Erhöhung der Mehrwertsteuer würde zur entsprechenden Verteuerung führen. Es ist unbedingt wünschenswert, dass der deutsche Staat hier weiterhin seine Fürsorge walten lässt. Wichtig ist, dass er darin auf die volle Unterstützung aller Einrichtungen, die in der Öffentlichkeit für die Kunst stehen, zählen kann, also auch von Stiftungen, Museen oder privaten Sammlungen. Europa kann nicht heißen, dass alles auf Gleichmaß nivelliert werden darf.