Großbritannien : Weiterer Kandidat will Johnson-Nachfolge antreten
Nach dem Rücktritt des britischen Premierministers Boris Johnson als Parteivorsitzender der konservativen Tories hat ein weiterer Kandidat für eine Nachfolge seinen Hut in den Ring geworfen. Der Tory-Abgeordnete Tom Tugendhat kündigte am Donnerstagabend in der Zeitung „Daily Telegraph“ an, sich auf die Nachfolge Johnsons zu bewerben. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des britischen Unterhauses erklärte, er wolle eine „breite Koalition“ für einen „Neustart“ schmieden.
Der 49-Jährige könnte den Konservativen einen klaren Abschluss mit der Ära Johnson bieten. Er hat sich seit Jahren mit Kritik an Johnson zu Wort gemeldet, hat bisher allerdings auch noch keinen Kabinettsposten bekleidet. Der ehemalige Soldat war im Irak und in Afghanistan im Einsatz.
Angesichts einer beispiellosen parteiinternen Revolte hatte Johnson am Donnerstag seinen Rücktritt als Chef der Tories angekündigt. Damit ist auch sein Ende als Regierungschef besiegelt, er will aber bis zur Wahl eines Nachfolgers vorerst im Amt bleiben. Die Wahl des neuen Vorsitzenden wird in den kommenden Monaten stattfinden. Auf dem Parteitag der Tories Anfang Oktober soll Johnson offiziell als Parteichef abgelöst werden.
Zuvor hatte bereits Generalstaatsanwältin Suella Braverman Pläne öffentlich gemacht, zu kandidieren. Die 42-Jährige war unter Johnsons Vorgängerin Theresa May Staatsekretärin im Brexit-Ministerium gewesen und trat aus Protest zurück, weil ihr Mays Pläne für den EU-Ausstieg nicht weit genug gingen.
Johnson und seine Regierung waren in den vergangenen Monaten durch eine ganze Reihe von Skandalen massiv in die Kritik geraten. Neben einer Spendenaffäre wogen Skandale um Partys am Regierungssitz während des Corona-Lockdowns sowie um sexuelle Übergriffe von hochrangigen Tory-Vertretern besonders schwer.
Seit Dienstagabend waren aus Protest gegen Johnson fast 60 Minister und andere Regierungsvertreter zurückgetreten. Seitdem häuften sich die Rücktrittsforderungen an den Premier auch aus der eigenen Partei und von Kabinettsmitgliedern.