Reisewarnung : Auswärtiges Amt fordert alle Deutschen auf, Iran zu verlassen
Die Bundesregierung hat deutsche Staatsbürger angesichts des gewaltsamen Vorgehens gegen die systemkritischen Proteste in Iran zur Ausreise aus dem Land aufgefordert. „Für deutsche Staatsangehörige besteht die konkrete Gefahr, willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden“, hieß es am Donnerstag auf der Internetseite des Auswärtigen Amts in Berlin.
„Vor allem Doppelstaater, die neben der deutschen auch noch die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, sind gefährdet“, hieß es in der Mitteilung weiter. In jüngster Vergangenheit sei es zu einer Vielzahl willkürlicher Verhaftungen ausländischer Staatsangehöriger gekommen. Wer sich noch in dem Land aufhalte, solle sich sehr umsichtig verhalten, Demonstrationen und Menschenansammlungen sollten großräumig gemieden werden. Kommunikationsdienste seien weitgehend eingeschränkt, dies sei auch weiter zu erwarten.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die heutige Ausreiseaufforderung ist nötig, um der veränderten Sicherheitslage und dem Schutz der noch im Land befindlichen deutschen Staatsangehörigen Rechnung zu tragen.“ Er ergänzte: „Das eskalierende, gewaltsame Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte erfordert diesen Schritt.“ Die Arbeit und Besetzung der deutschen Botschaft in Teheran seien davon nicht betroffen, sie setze ihre Arbeit im Land fort.
Vorwurf der systematischen Geiselnahme
Kritiker werfen Iran vor, westliche Staatsbürger wiederholt als Geiseln genommen zu haben, um Druck auf deren Regierungen auszuüben oder Iraner freizupressen. 2020 kam ein Deutscher erst frei, nachdem Berlin einen wegen Sanktionsverstößen festgenommenen Mann zurück nach Iran gelassen hatte. Vor wenigen Wochen verbreitete Teheran ein Video, auf dem zwei in Iran festgenommene Franzosen ein Geständnis wegen angeblicher Spionage ablegen. Das Außenministerium in Paris verurteilte die Verbreitung des Videos damals als „unwürdige, empörende Inszenierung“ und forderte die Freilassung der beiden Franzosen.
Auslöser der Proteste war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verstoßen haben soll. Die Frau starb Mitte September in Polizeigewahrsam. Seit fast sieben Wochen demonstrieren Zehntausende Menschen gegen die repressive Politik und den autoritären Kurs der Islamischen Republik. Mehr als 280 Menschen wurden nach Angaben von Menschenrechtlern getötet, mehr als 14.000 verhaftet.