Michael Gove : Der unheimliche Schatten aller konservativen Premierminister
Gewöhnlich heißt es über Minister, wer einmal in Ungnade gefallen sei, komme nicht mehr zurück. Bei Michael Gove ist es andersherum: Er fällt dauernd in Ungnade und kommt immer zurück. Mit seiner Aufnahme ins Kabinett von Rishi Sunak hat Gove eines seiner Lieblingsressorts zurückerobert: das einst von Boris Johnson erfundene Ministerium für „Levelling-up“, das die Angleichung der Lebensverhältnisse im Norden Englands erreichen soll.
Manche glauben, Gove wäre noch glücklicher als Bildungsminister, als Kabinettsbürominister oder als „Chief Whip“, das ist der De-facto-Fraktionschef. Gove hatte all diese Kabinettsposten schon einmal inne – plus Umweltminister, Bauminister, Justizminister, Wohnungsbauminister und „Chancellor of the Duchy of Lancaster“, ein pompös klingendes, eher freischwebendes Amt für einen Minister ohne Portfolio. Das sind, zusammengerechnet, acht Kabinettsposten seit dem Beginn der konservativen Regierungszeit vor zwölf Jahren. Niemand hat seit 2012 mehr Zeit in Regierungsämtern verbracht.
Er gilt als hocheffektiv
Es gibt zwei Gründe, warum Gove, der bei Adoptiveltern in Schottland aufwuchs und englische Literatur in Oxford studierte, als unverzichtbar angesehen wird. Zum einen gilt er als hocheffektiv. Selbst seine ärgsten Gegner bescheinigen ihm, noch in jedem Ministerium etwas erreicht und manches sogar nachhaltig transformiert zu haben. Dabei betätigt sich Gove nicht nur als disziplinierter und disziplinierender Administrator, sondern als intellektueller Vordenker, was selbst im bunten London als kuriose Mischung gilt.
Mindestens so wichtig ist aber, dass kein Premierminister Michael Gove zum Feind haben will. Der 55 Jahre alte Politiker gilt als meisterhafter Intrigant, der mit seinen weitgespannten Verbindungen und seiner taktischen Raffinesse jeden zu Fall bringen kann. Den Mann lieber einbinden, als ihn herumschwirren zu lassen – so lautet die erste Machtregel eines jeden Regierungschefs, der eine Weile im Amt bleiben will. Selbst Johnson, der ohne Goves Intervention schon 2016 Premierminister geworden wäre, zog es vor, den Erzrivalen nahe bei sich zu haben. Liz Truss glaubte, ohne ihn auskommen zu können, und überstand nur 48 Tage im Amt. Nicht nur im Hintergrund wirkte Gove kräftig an ihrem Sturz mit.
Seit seinem gescheiterten Versuch, vor sechseinhalb Jahren selbst Premierminister zu werden, tröstet sich Gove mit der Gewissheit, dass letztlich egal ist, wer unter ihm als Premierminister regiert. Eine ähnliche Rolle kam in der Labour-Ära einmal Peter Mandelson zu, der als „Prinz der Dunkelheit“ gefürchtet wurde. Gove darf man den unheimlichen Schatten aller Tory-Chefs nennen.