Diskussion um Wiedereinstieg : CDU-Wirtschaftsrat: Atomkraft fortsetzen, Stromsteuer senken

Die FDP stellt als einzige Ampel-Partei den Atomausstieg infrage. Jetzt bekommt sie Unterstützung von einer wichtigen Unions-Wirtschaftsorganisation.
Der CDU-Wirtschaftsrat unterstützt den Vorstoß der FDP-Fraktion, den Rückbau der Kernkraftwerke anzuhalten und die Stromsteuer zu senken. Atomstrom sei nötig, um die Preise zu senken, Versorgungssicherheit zu schaffen und Emissionen zu begrenzen, sagte Wolfgang Steiger, der Generalsekretär des Wirtschaftsrats, der F.A.Z. „Die noch immer lauffähigen Kernkraftwerke können die steigenden Strompreise am einfachsten einbremsen. Der Atomausstieg ist und bleibt ein Fehler, der unser Land zu deindustrialisieren droht.“ Er erwähnte nicht, dass der Ausstieg 2011 unter Kanzlerin Angela Merkel von der CDU und den Liberalen beschlossen worden war.
Steiger sprach sich auch dafür aus, Abgaben zu senken: „Mit einer Reduktion der Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß kann schnell Entspannung gebracht werden.“ Auf ihrer Klausur in Dresden hatte die FDP-Fraktion am Freitag die Senkung der Stromsteuer, einen Rückbaustopp der Kernkraftwerke und einen jährlichen Inflationsausgleich für Steuerzahler vorgeschlagen. Einen Industriestrompreis lehnen die Liberalen ab. Es sei „nicht klug“, wenn der Staat hohe Steuern nehme, um dann die Energiepreise „mit Steuerzahlergeld wieder herunterzusubventionieren“, so FDP-Fraktionschef Christian Dürr.
„Jede Woche später ist zu spät für viele Unternehmen“
Die Stromsteuer beträgt 2,05 Cent je Kilowattstunde (kWh), die EU-Vorgabe ist mit 0,05 Cent vierzigmal geringer. Die Grünen halten die Senkung für nicht wirkungsvoll, da energieintensive Abnehmer nur einen ermäßigten Satz zahlten. Sie müsse man aber im internationalen Wettbewerb entlasten. Deshalb verlangen die Grünen um Wirtschaftsminister Robert Habeck einen Industriestrompreis von 6 Cent je kWh. Der SPD schweben 5 Cent vor, allerdings ist Kanzler Olaf Scholz dagegen.
CDU-Chef Friedrich Merz zeigte sich auf einer Klausur offen für den Industriestrompreis. Der Wirtschaftsrat hält ihn hingegen nur für übergangsweise richtig, bis die Nuklearenergie die Preise drücke. „Bis zum Wiederanlaufen der Kraftwerke muss ein Konzept für den Industriestrompreis zeitlich begrenzt sowie solide finanziert sein und sicherstellen, dass nicht der Mittelstand die Zeche zahlt“, forderte Steiger. Die Kernkraft könne „in kürzester Zeit Unmengen an CO2 sparen“.
Von 2020 bis 2022 seien die Emissionen je kWh Strom von 369 auf 434 Gramm gestiegen: „Durch die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke im Frühjahr wird diese Zahl noch deutlich steigen.“ Zur Gefahr der Deindustrialisierung durch hohe Energiepreise sagte er: „In der Politik haben viele nicht verstanden, dass mit energieintensiven Grundstoffprozessen auch Anschlussprozesse abwandern und etablierte Wertschöpfungsketten reißen könnten.“
Für den Industrietarif spricht sich eine Allianz pro Brückenstrompreis aus, welcher der Chemieverband VCI, der Baustoff-, Glas-, Papier-, Metall- und Stahlverband sowie die Gewerkschaften IG BCE, DGB und IG Metall angehören. Ohne die Deckelung seien Investitionen gefährdet: „Jede Woche später ist zu spät für viele Unternehmen.“