Politische Inszenierung : Die letzte Vorstellung der Ampel

Der Vorhang ist gefallen, niemand applaudiert. Das Stück, das die Berliner Ampelkoalition in den letzten drei Jahren aufgeführt hat, ist an sein vorläufiges Ende gelangt. Es war eine Typenkomödie, also ein Drama – und so wurde es inszeniert.
Der schwache Herrscher

Mittwoch, 8. Dezember 2021, 12.01 Uhr: Der Amtseid des Bundeskanzlers. Parlamentspräsidentin Bärbel Bas ruft den einsam auf seiner Regierungsbank sitzenden Olaf Scholz dazu auf, zur Eidesleistung zu ihr zu treten. Ein historischer Moment. Die institutionelle Machtübergabe wird besiegelt, das demokratische Verfahren der Wahl gestattet sich ein kurzes heiliges Innehalten. Etwas, das von früher her kommt und auf später weist. Der aufgerufene Scholz aber scheint das eher als nebensächliche Formalie zu begreifen. Leicht enerviert schiebt er den Stuhl zurück, steht auf, knöpft sich das Jackett zu und: schaut noch einmal auf das Display seines Handys. Keine wichtigeren Nachrichten, dann kann der Eid ja schnell geleistet werden. Mit den damals noch allgegenwärtigen Abdrücken der FFP2-Maske auf der Wange steht der Bundeskanzler da, hebt verspätet die rechte Hand und schwört, dass er „Schaden vom deutschen Volk wenden“ werde. Auf den möglichen Gottesanruf verzichtet er.
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