Koalition in Brandenburg? :
Wie Woidke vom BSW unter Druck gesetzt wird

Von Friederike Haupt, Berlin
Lesezeit: 2 Min.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und seine am Freitag entlassende Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen) 2022 im Brandenburger Landtag
Der Brandenburger Ministerpräsident muss dem BSW entgegenkommen. Geht Dietmar Woidke dabei zu weit? Ein Eklat um seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher gibt Anlass zur Debatte.
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Dass Koalitionen Zweckbündnisse sind, musste am Freitag Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) auf drastische Weise erfahren. Ihr Regierungschef, Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), entließ sie im Bundesrat auf offener Bühne. Der Zweck des gemeinsamen Regierens war erfüllt, nun ging es um anderes. Woidke will mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) koalieren; der Vertrag ist dem Vernehmen nach fast fertig. Bislang lief die Arbeit daran recht geräuschlos, doch auf die letzten Meter knirscht es.

Woidke verhinderte mit Nonnemachers Entlassung, dass diese im Bundesrat sprach. Sie war dafür, die umstrittene Krankenhausreform passieren zu lassen, Woidke dagegen wollte den Vermittlungsausschuss anrufen. Einerseits ging er zuletzt öfter auf Distanz zur Bundesregierung, was sich etwa im Umgang mit seinem Parteifreund, Bundeskanzler Olaf Scholz, ausdrückte; andererseits soll er in Sachen Krankenhausreform durch das BSW unter Druck gesetzt worden sein. Wagenknecht und ihre Mitstreiter lehnen die Reform ab. Woidkes Manöver änderte zwar nichts daran, dass der Bundesrat sie durchwinkte. Doch der Ministerpräsident empfahl sich Wagenknecht als entschlossener Zweckbündnispartner.

Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel tritt zurück

Dafür nahm er auch in Kauf, von früheren Verbündeten kritisiert zu werden. Die Brandenburger Grünen sprachen von „populistischen Spielchen“ und „Machterhalt um jeden Preis“. Als Reaktion auf Nonnemachers Entlassung kündigte ihr Parteikollege, Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel, seinen sofortigen Rückzug aus der Landesregierung an. Der Landesvorsitzende der CDU, Jan Redmann, nannte Woidkes Position in der Sache richtig, die Entlassung Nonnemachers jedoch „unwürdig“. Rückendeckung erhielt Woidke von Brandenburgs BSW-Landeschef Robert Crumbach. „Wir sind der gleichen Auffassung“, sagte Crumbach auf dpa-Anfrage.

Erst am Donnerstag hatte Woidkes SPD-Wirtschaftsminister Jörg Steinbach mitgeteilt, dass er für sein Amt künftig nicht mehr zur Verfügung stehe – wegen des BSW. Insbesondere soll es dem SPD-Mann um Passagen im Koalitionsvertrag gegangen sein, die Wirtschaftssanktionen gegen Russland kritisch sehen. Zugleich gestand Steinbach Woidke zu, keine andere Wahl als das BSW zu haben, um eine stabile Mehrheit im Parlament hinter sich zu bringen.

In den vergangenen Tagen und Wochen hatten SPD und BSW in Brandenburg von guten Fortschritten der Arbeit am Koalitionsvertrag berichtet. Offen seien noch die Themen Bürokratie und Digitalisierung, hieß es diese Woche. Der Plan der SPD, bis Ende November fertig zu sein, wurde vom BSW zuletzt als machbar eingeschätzt. Dann könnten Parteitage der beiden Partner am Ende der ersten Dezemberwoche den Koalitionsvertrag absegnen. Am 11. Dezember könnte Woidke sich dann mit den Stimmen von SPD und BSW abermals zum Ministerpräsidenten wählen lassen.

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