Zinsentscheide von Fed und EZB :
Was ist in dieser Woche von den Notenbanken zu erwarten?

Lesezeit: 6 Min.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde und Fed-Chef Jerome Powell
Die Europäische Zentralbank und die amerikanische Notenbank stehen im Bann von Donald Trump. Wirtschaftswachstum, Inflation und selbst die Zukunft des digitalen Zentralbankgelds könnten von seiner Politik abhängen.
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Gleich an zwei Tagen in dieser Woche gibt es wichtige Entscheidungen der großen Notenbanken der Welt, die von den Finanzmärkten aufmerksam verfolgt werden: Am Mittwoch befindet die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) über die Leitzinsen – und am Donnerstag die Europäische Zentralbank (EZB).

Oberflächlich betrachtet scheinen die Sitzungen vielleicht langweilig, weil das Ergebnis ausgemacht sein dürfte: Die EZB wird die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte senken, die Fed dagegen wird abwarten. „Beide Notenbanken dürften kaum mit ihren Zinsentscheidungen überraschen“, meinen Robin Winkler und Marc Schattenberg von der Deutschen Bank.

Und doch erhoffen sich Ökonomen und Analysten interessante Einblicke zu der Frage, wie die großen Notenbanken der Welt auf die Politik der neuen US-Administration reagieren. Das Wirtschaftswachstum, die Inflation und selbst die Zukunft des digitalen Zentralbankgeldes könnten von politischen Schritten der neuen US-Regierung abhängen.

Für die Fed-Sitzung jedenfalls wird erwartet, dass die Zentralbanker den Leitzins nicht anrühren. Das ist die Botschaft, die sich aus den verschiedenen Reden der Zentralbanker kondensieren lässt. Ebenso klar ist, dass diese Entscheidung das Missfallen des neuen Präsidenten Donald Trump erregen wird.

Trump versucht, Einfluss auszuüben

Der neue US-Präsident hatte in der vorigen Woche schon einen Vorgeschmack darauf gegeben, wie er Entscheidungen der Zentralbank öffentlich zu begleiten gedenkt. Er wolle, dass die Fed die Zinssätze senke, sagte Trump auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Er begründete seine Forderung auch damit, dass er die Geldpolitik besser verstehe als diejenigen, die für ihre Festlegung zuständig sind. „Angesichts der sinkenden Ölpreise werde ich eine sofortige Senkung der Zinssätze fordern, und ebenso sollten sie weltweit sinken“, bekräftigte Trump.

Die Federal Reserve hatte im Spätsommer 2024 in mehreren Schritten begonnen, die Leitzinsen zu senken, von 5,3 auf 4,3 Prozent. Zuletzt aber signalisierten die Notenbanker, dass eine Pause angemessen sei. Die Inflationsdaten gaben zuletzt ein gemischtes Bild in den USA. Insgesamt war der Verbraucherpreisindex (CPI) im Dezember stärker als erwartet angestiegen mit einem Plus von 0,4 Prozent. Der monatliche Anstieg war jedoch hauptsächlich auf die Benzin- und Lebensmittelpreise zurückzuführen. Speziell Fleisch und Eier wurden teurer wegen der Vogelgrippe. Die Energiepreise machten 40 Prozent des monatlichen Gesamtanstiegs aus. Die Kerninflation stieg langsamer als in den Vormonaten auf 3,2 Prozent. Der von der Fed bevorzugte Inflationsindikator PCE lag zuletzt bei 2,4 Prozent und damit nicht mehr weit entfernt von der Inflationszielmarke der Notenbank in Höhe von 2 Prozent.

Trump hatte die Bekämpfung der Inflation zum zentralen Wahlkampfthema gemacht, bisher aber wenige Maßnahmen zur Eindämmung der Teuerung verkündet. Eine Anweisung an alle Ministerien und Behörden, ihre Möglichkeiten zu Preissenkungen komplett auszuschöpfen, war wenig spezifisch.

Der Konflikt mit der Fed ist programmiert, weil zumindest einige seiner politischen Projekte Preise nach oben treiben könnten. Dazu gehört die Drohung, die Einfuhren von Öl und Bauholz aus Kanada mit einem zusätzlichen Zoll zu belasten. Die Nachfrage speziell nach Bauholz ist groß nach der Brandkatastrophe im Großraum Los Angeles und gewaltigen Sturmschäden in South Carolina. Weil inzwischen die Abschiebungen von Arbeitern ohne Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung begonnen haben, liegen erste Baustellen brach.

In der EZB wiederum scheinen die Ratsmitglieder derzeit noch relativ einig, dass eine weitere Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte erforderlich sei. Das muss aber nicht mehr lange so bleiben. „Die Geschlossenheit des EZB-Rats könnte bald Geschichte sein – über die nächsten ein oder zwei Zinssenkungen hinaus herrschen recht unterschiedliche Ansichten”, sagt Gunter Deuber, Chefökonom der Raiffeisen Bank International. Die Deutsche Bank rechnet damit, dass der EZB-Einlagensatz, den die Banken für ihre Einlagen bei der Notenbank bekommen und der gewisse Auswirkungen auf die Sparzinsen hat, von derzeit drei Prozent bis Dezember auf nur noch 1,5 Prozent sinken wird. Andere Ökonomen erwarten nicht, dass es mit den Zinsen so weit nach unten gehen wird.

Lagarde besorgt über Druck

Im Blick steht dabei die Frage, wo der neutrale Zins liegt, der die Wirtschaft weder bremst noch anschiebt. Er lässt sich kurzfristig nicht ganz leicht messen, könnte aber irgendwo um die 2 Prozent liegen. Im Moment, da sind sich die meisten Notenbanker einig, liegen die Leitzinse noch klar über dem neutralen Zins.

Je dichter man aber an den Wert kommt, desto wichtiger könnte zum einen werden, wo man ihn genau verortet, und zum anderen, ob die Notenbank angesichts der Wirtschaftsflaute auch daruntergehen sollte. EZB-Ratsmitglieder wie Fabio Panetta (Italien) und Robert Holzmann (Österreich) haben sich dazu schon gegenteilig geäußert. Die Inflation im Euroraum war im Dezember wieder leicht angestiegen, auf 2,4 Prozent. Die Kerninflation verharrte bei 2,7 Prozent.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde äußerte sich zuletzt insbesondere besorgt darüber, dass die Unabhängigkeit der Notenbanken in manchen Teilen der Welt bedroht sein könnte. Ein stärkerer politischer Einfluss auf die Geldpolitik könne die Aufgabe der Währungshüter erschweren, für stabile Preise zu sorgen, führte Lagarde am Montag aus. „Während neuere Untersuchungen darauf hindeuten, dass nach geltendem Recht die Unabhängigkeit der Zentralbanken noch nie so weit verbreitet war wie heute, besteht kein Zweifel daran, dass die tatsächliche Unabhängigkeit der Zentralbanken in mehreren Teilen der Welt infrage gestellt wird.“

Auch für den Euroraum dürfte wichtig sein, wie es mit der US-Handelspolitik weitergeht. Bremsen neue US-Zölle das Wirtschaftswachstum in Europa? Oder sorgen sie zusammen mit einem stärkeren Dollar für höhere Inflation? „Die mit dem Politikwechsel in den USA verbundene Unsicherheit spielt für die EZB-Entscheidung eine wichtige Rolle“, sagte Michael Holstein, der Chefvolkswirt der DZ Bank. Die EZB werde „mit Argusaugen“ die ersten Tage der Amtszeit des neuen US-Präsidenten beobachten, glaubt auch Commerzbank-Ökonom Marco Wagner.

Spannend könnte auch noch werden, ob die Positionen von Donald Trump zu digitalem Zentralbankgeld die internationale Debatte beeinflussen. Während Trump sich mittlerweile sehr wohlwollend zu Bitcoin äußert und selbst ein Kryptoasset aufgelegt hat, zeigt er sich zum digitalen Dollar äußerst kritisch. „Keine Woche nach Emittierung des Trump-Coin unterzeichnet Trump eine Executive Order, mit welcher die weitere staatliche Entwicklung von digitalem Zentralbankgeld verboten wird“, hebt Norbert Tofall vom Vermögensverwalter Flossbach von Storch hervor. Wird das auch den Prozess zum digitalen Euro bei der EZB beeinflussen?

Bislang hatte die EZB argumentiert, man brauche im Euroraum auch deshalb einen Digitaleuro, um im Falle eines digitalen Dollars ausreichend währungspolitische Souveränität zu behalten. Wird dieses Argument jetzt hinfällig? Nein, meint Karsten Junius, Ökonom der Bank J. Safra Sarasin: „Die EZB bereitet den digitalen Euro nun schon seit einiger Zeit vor, ohne dass die Fed ähnliche Projekte hat – sie wird sich von Trump nicht von ihrem Projekt abhalten lassen.“

Im Gegenteil: „Die aggressive Politik von Trump sowie die zunehmende Nutzung des US-Dollar als wirtschaftspolitische Waffe wird die Unabhängigkeitsbestrebungen der EZB eher noch verstärken.“ Auch der Frankfurter Wirtschaftsprofessor Volker Wieland meint, dass das zumindest unmittelbar keine Auswirkungen haben werde.

Zins-Folgen für die Verbraucher

Was heißt das alles nun für Sparer und Kreditnehmer? Die Zinsen dürften wohl tendenziell weiter sinken – obwohl die Banken bei der Weitergabe von Zinssenkungen gerade an Kreditnehmer etwas zögerlich sind. Derzeit liegen die Zinsen auf Tagesgeld nach Zahlen der FMH-Finanzberatung im Schnitt bei 1,72 Prozent im Jahr, für Festgeld auf ein Jahr bei 2,11 Prozent und für Baudarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung bei rund 3,5 Prozent.

Die Internetplattform Smava hat in einer Studie, die der F.A.Z. exklusiv vorab vorlag, per Umfrage festgestellt, dass die Mehrheit der Banken zwar mit sinkenden Leitzinsen rechnet, es würden aber kaum sinkende Kreditzinsen erwartet. „Der Zinssatz von Konsumentenkrediten wird nach Ansicht der Banken im ersten Quartal um höchstens 0,3 Prozentpunkte sinken“, schreibt Smava. Rund die Hälfte der befragten Banken werde ihre Kreditzinsen voraussichtlich konstant lassen, die anderen Banken würden sie voraussichtlich senken. Auch die Leitzinssenkungen im vergangenen Jahr um insgesamt 1,35 Prozentpunkte seien kaum bei Konsumentenkreditnehmern angekommen.

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