Münteferings Aufstieg : Die Karriere des Spätzünders
Vor zwanzig Jahren, am 6. Februar 2004, einem Freitag, geschah das schier Ungeheuerliche. Gerhard Schröder, Bundeskanzler, machtgierig und machtbewusst wie kaum einer sonst in der deutschen Sozialdemokratie, übte Verzicht. Im Saal der Bundespressekonferenz teilte er den Journalisten mit, er werde sein Amt als Vorsitzender der SPD an Franz Müntefering, den Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, abgeben. Der Verzicht Schröders widersprach den Erfahrungen deutscher Regierungschefs. Von Konrad Adenauer bis Helmut Kohl waren sämtliche CDU-Bundeskanzler zugleich Vorsitzende ihrer Partei. Das Parteiamt sei die Machtbasis für die Regierungsaufgaben, war bis in die Politikwissenschaft hinein zum Konsens der veröffentlichten Meinung geworden. Helmut Schmidt, letzter sozialdemokratischer Kanzler vor Schröder, sei 1982 mit seiner sozialliberalen Koalition gescheitert, weil nicht er, sondern Willy Brandt Chef der SPD gewesen sei, Schmidt mithin seine Partei nicht auf Kurs habe halten können.
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