Linke nach Bartschs Rückzug :
Wagenknecht-Vertrauter spricht von „Auflösungserscheinungen“

Von Helene Bubrowski, Berlin
Lesezeit: 2 Min.
Der Fraktionschef der Linkspartei, Dietmar Bartsch
Nach Amira Mohamed Ali kandidiert auch Dietmar Bartsch nicht mehr für den Fraktionsvorsitz. Das könnte die existentielle Krise der Linkspartei noch verschärfen.
Merken

Der Rückzug von Amira Mohamed Ali am Montag der vergangenen Woche war keine große Überraschung. Die Linkenfraktionschefin war kein Schwergewicht im komplizierten Machtgefüge der Partei. Ihre Entscheidung erhöhte jedoch die Spannung, wie es mit ihrem Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch weitergehen würde.

Am Mittwoch gab er in Berlin bekannt: Nach acht Jahren wird auch er sich von der Spitze der Fraktion zurückziehen und bei der Wahl des neuen Fraktionsvorstands am 4. September nicht mehr antreten. Er galt als Spiritus Rector des sogenannten „Hufeisen“, eines Machtbündnisses zwischen Reformern und dem Lager um die frühere Linkenfraktionsvorsitzende Wagenknecht. Wer an die Stelle von Bartsch und Mohamed Ali tritt, ist unklar.

Es gibt in der Linkspartei die Hoffnung, dass im Abtritt der „Hufeisen“-Vertreter die Chance liegt, die erbitterten Streitereien der vergangenen Jahre einzudämmen. Zuletzt hatten die Spitzen von Partei und Fraktion kaum noch miteinander kommuniziert. Das Zerwürfnis hat verschiedene Ursachen: persönliche Animositäten, die zum Teil schon auf Nachfolger vererbt worden sind, inhaltliche Fragen – und immer auch die Rolle von Sahra Wagenknecht. Sie hatte in Teilen der Partei etwa Empörung hervorgerufen, als sie der Bundesregierung im Bundestag vorwarf, einen „Wirtschaftskrieg“ gegen Russland vom Zaun gebrochen zu haben.

Der Rückzug Bartschs birgt allerdings auch das Risiko, dass sich die existentielle Krise der Linken noch verstärkt. Wagenknecht kokettiert schon länger mit der Gründung einer neuen Partei, bis zum Jahresende soll diese Frage angeblich entschieden werden. Einige ihrer Vertrauten in der Fraktion dürften dann austreten.

Angesichts des mageren Ergebnisses von 4,9 Prozent bei der Bundestagswahl zählt die Linksfraktion aber derzeit nur 39 Abgeordnete. Mit weniger als 37 Mandaten verlöre die Linke den Fraktionsstatus und damit nicht nur bestimmte Rechte im Bundestag, sondern auch finanzielle Mittel. Der Bundestagsabgeordnete Alexander Ulrich, ein Unterstützer Wagenknechts, sagte zum Rückzugs Bartschs: „Die Linke befindet sich ganz offensichtlich in Auflösungserscheinungen.“

  翻译: