Neue US-Regierung : Halb Asien freut sich auf Trump
Die beiden großen Autokraten Asiens, Chinas Xi Jinping und Indiens Narendra Modi, sehen in Trump einen Geistesverwandten. Ebenso wie Kim in Nordkorea, wie seine „Bromance mit Dear Donald“ während Trumps erster Amtszeit zeigte. Aber auch vielen kleineren, nur relativ demokratischen Machthabern in Asien, so in der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN), gefällt an Trump, dass er der Beachtung von Menschenrechten und anderer Regeln der Demokratie weniger Bedeutung zumisst als seinem persönlichen Ruhm als globalstrategischer „Deal Maker“. Genau dies allerdings befürchten die wenigen wirklichen Demokratien im Großraum Indopazifik, Japan, Australien/Neuseeland und auch Südkorea.
China setzt auf Trumps Isolationismus
Die USA und China sehen sich gegenseitig als die größten Konkurrenten um den Platz der global dominierenden Großmacht. Gleichzeitig sind sie wirtschaftlich enger verzahnt, als dies vergleichbare Konkurrenten in der Geschichte je waren. China wird danach streben, dass dieser Zwiespalt mit Trump durch wirtschaftlichen Ausgleich wenn nicht gelöst, so doch überbrückt werden kann. Und dabei die ideologische Kluft nicht mehr die Rolle spielt wie unter Trumps Vorgängern, welche die Welt „Safe for Democracy“ zu machen suchten. Konkret geht es etwa darum, keine Vorwürfe und Boykotte wegen Zwangsarbeit sowie wegen Unterdrückung von Minderheiten in Xinjiang und anderswo zu erheben im Austausch gegen chinesische Konzessionen und Kontrollen – man erinnert sich an den zehnprozentigen Zoll, den Trump wegen des chinesischen Exports der tödlichen Droge Fentanyl einführen wird.
Dass in der Großregion Asien-Pazifik potentielle Konflikte zwischen Washington und seiner dort grundsätzlich weiterhin herrschenden „Pax Americana“ einerseits und China als dominierender Regionalmacht andererseits drohen, ist offensichtlich. Hier dürfte Peking auf den isolationistischen Teil von Trumps „Make America Great Again“-Litanei setzen. Ein Knackpunkt wird Taiwan sein. Wird Trump dieses gegen eine chinesische Aggression um jeden Preis verteidigen, weil hier autokratische und völkerrechtswidrige Ansprüche gegen Demokratie und Selbstbestimmung stehen?
Indien will China mit US-Hilfe eindämmen
Trump wird mit den von seinen Vorgängern geschaffenen bilateralen Beziehungen – grundsätzlicher Einschluss Indiens in ein amerikanisches Abwehrsystem gegen China – gut leben können. Nach Jahren des kommunikativen Zögerns hat Modi offiziell betont, dass Indiens Engagement im Quadrilateral Security Dialogue (Quad) mit USA, Japan, Australien und Indien zu den notwendigen Anstrengungen gehört, die chinesische Expansion in Asien einzudämmen. China ist nach mehr als siebzig Jahren immer noch ein traumatisches Feindbild. Modis Verbindung zu den USA ist im besten Interesse mit Blick auf den jahrzehntealten Konflikt entlang der territorialen Grenze im Himalaja und ganz allgemein in Bezug auf die Rivalität zwischen den beiden asiatischen Giganten um Einfluss auf den Globalen Süden.
Eine heikle Dimension für Indien einer möglichen Trump-Politik wird dessen Neigung zum Handelsprotektionismus sein. Die Importzölle, mit denen er globalen Exporteuren droht, könnten Indiens Strategie schaden, als industrielles Zentrum der Welt und als Exportwirtschaft zu wachsen. Aber Modi, der sich während seiner ersten Amtszeit mit Trumps Unberechenbarkeit und seiner autokratischen Neigung vertraut gemacht hat, zählt darauf, dass Indien als bevölkerungsreichstes Land der Welt auch für diesen eine Tatsache darstellt. Eine Großmacht, mit der ein Einvernehmen unabdingbar ist. Indiens geheimdienstliche Eskapaden in den USA – versuchte Mordpläne gegen Sikh-Aktivisten – dürften eine von Trump-Vertrauten durchsetzte Justizverwaltung weniger kümmern.
ASEAN-Staaten erwarten weniger moralische Nachfragen
Die beiden dominierenden Staaten Südostasiens, Indonesien und Vietnam, vertrauen darauf, ihre gegenwärtige Schaukelpolitik zwischen Washington und Peking unter Trump nahtlos fortsetzen zu können. Hanoi hat von Trump noch weniger Vorwürfe wegen seines fortdauernden kommunistischen Systems zu fürchten als in der Vergangenheit. Indonesien kann, wenn nötig, US-Firmen an seinem gigantischen Projekt zur Verlagerung seiner Hauptstadt mit Vorzug behandeln, verbunden mit der Schaffung eines neuen Wirtschaftsschwerpunktes in Borneo. Ganz im Sinne von Trumps Idee, der bilaterale Beziehungen transaktional betrachtet.
In den übrigen Staaten der ASEAN dürfte die Hoffnung bestehen, dass ein für Trump im Mittelpunkt stehender Wirtschaftsausgleich mit China sie von der Last ihres ewigen Dilemmas – Geschäfte mit China, Sicherheit durch die USA – etwas befreien wird. Und in Malaysia keine lästigen Fragen wegen Korruption gestellt werden, oder in Thailand keine solchen wegen Demokratie und Raffgier des Königs.
Sorgen bei den Demokratien im Indopazifik
Die Demokratien Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland in der Region Indopazifik sorgen sich dagegen um die in den vergangenen Jahren ausgebaute Zusammenarbeit mit den USA zur Abschreckung und Eindämmung des chinesischen Ausgriffs auf die Großregion. Bedeutet der starke isolationistische Unterton in allen aktuellen Verlautbarungen von Trump auch weniger Engagement im Pazifik? Oder müssen diese traditionellen Verbündeten sich stärker als bisher selbst engagieren, sowohl finanziell als auch auch handelspolitisch? Wie wird Trump konkret die Quad und das Verteidigungsbündnis AUKUS (Australien, Großbritannien, USA) handhaben?
Japan dürfte seine gegenwärtigen Rüstungsanstrengungen weiterführen, auch unter Inkaufnahme erhöhter Staatsschulden. Tokios Hauptsorgen sind handelspolitischer Natur, mit Blick darauf, dass seine Wirtschaft eng mit der chinesischen verbunden und damit amerikanischem Zwang ausgesetzt ist.
Für Australien hingegen, welches handelspolitische Strafmaßnahmen Pekings in der Vergangenheit erstaunlich leicht verkraften konnte, stellt sich ein primär sicherheitspolitisches Problem. Falls Trump die transatlantische „Special Relationship“ mit Großbritannien infrage stellt, könnte dies die bisherige Hauptsubstanz des AUKUS-Bündnisses untergraben, nämlich das komplizierte Konstrukt, dass Australien via Großbritannien mit amerikanischer Technologie ausgestattete nuklearangetriebene U-Boote erhalten soll.
In Südkorea schließlich haben sich der wegen seinem Staatsstreichversuch diskreditierte Präsident und seine Regierung sicherheitspolitisch resolut gegen Nordkorea und China gestellt. Wird ein neuer Präsident aus einem anderen politischen Lager in Seoul das Verhältnis zu den USA kritischer hinterfragen? Zumal, wenn Trump mehr Finanzen und handelspolitische Konzessionen für die amerikanische Truppenpräsenz von Seoul einfordern wird.